Wie ist das eigentlich, wenn man auf ein Schreibwochenende geht? Das wollte ich auch gerne wissen! 😃
Als Beatrice Sonntag im Januar 2024 vorschlug, dass wir gemeinsam mit der Saarbrücker Autor:innen-Gruppe zum Schreiben ins Hotel fahren sollten, war ich sofort begeistert.
Als Autorin – das scheint ein universelles Gesetz zu sein – hat man nämlich grundsätzlich keine Bekannten im näheren Umfeld, die auch schreiben. Meist tippt man im stillen Kämmerchen vor sich hin, nervt Familie & Freunde mit den Geschichten, die man sich ausdenkt – und kann bereits froh sein, wenn man vor Ort eine Schreibgruppe findet, mit der man sich regelmäßig austauschen kann.
So geht es auch mir. Wie die meisten Schreibenden dürste auch ich danach, mich mit anderen über meine liebste Beschäftigung zu unterhalten.
Ende Juni 2024 war es dann endlich so weit! Neun Autorinnen und Autoren reisten zum gemeinsamen Schreiben nach Diefflen, einem ablenkungsfreien Dorf bei Dillingen.
Ich hatte so viel Schreibmaterial im Gepäck, dass im Rucksack nur noch Platz für Wechselwäsche und Waschzeug war.
Das Programm fürs Schreibwochenende
Der Plan sah in erster Linie ganz viel Schreibzeit vor. Insgesamt sieben Einheiten von je 1,5 Stunden. Ziemlich ambitioniert!
Nach einer kleinen Networking-Runde am Freitagabend ging’s Samstag um 9 Uhr los.
Mein Projekt fürs Schreibwochenende
Derzeit bereite ich mich auf meine Masterarbeit vor. Dabei möchte ich ausprobieren, wie man Geschichten als literarische Inspiration nutzen kann, um autofiktional über sich selbst zu schreiben. Ein Selbstversuch also, der im ersten Schritt viel Erinnerungsarbeit erfordert.
Während des Wochenendes habe ich mit Ideen aus Murakamis »First Person Singular«* und Camerons »Old Friend from Far Away – The Practice of Writing Memoir«* jede Menge Freewritings geschrieben.
Eines davon möchte ich mit euch teilen, weil ich die Aufgabe so schön fand. Das Freewriting entstand zu folgendem Schreib-Prompt: »Erinnere dich an die Farbe Rot, ohne das Wort ›Rot‹ zu verwenden.«
I remember the tomatoes in my grandmother's garden. We all waited for them to ripen because they were so delicious. I picked them right from the bush. They had the size of my palm. I did not wash them. I rubbed them against my chest and ate them like an apple. Their skin was not giving in that easily when you bit into them. Inside, they were sweet, tasty, and juicy. The seeds were slightly green and slippery. I loved to eat them right from the garden, sliced on bread with butter, salt, and pepper, or as my grandma's tomato salad.
Once, the table was already set for dinner and sandwiches prepared, when we had unexpected visitors who wanted to look at the puppies we were giving away. Our dog Trixi took her chance, got onto the table, and ate everything, even the sliced tomato on the bread. That's how good these tomatoes were.
— Freewriting vom 29. Juni 2024
Wenn du dich wunderst: Warum hat sie denn auf Englisch geschrieben? Das passiert bei mir ganz oft – insbesondere, wenn ich davor einen englischen Text lese. Irgendwann habe ich mal den Tipp erhalten, dass es sich leichter in der Fremdsprache schreibt. Aufgrund der nicht-muttersprachlichen Sprachverwendung kommt einem der Text häufig weniger schlimm vor, als würde man in der Muttersprache schreiben. Diesen Effekt kann ich bestätigen. Außerdem ist es bei Freewritings sowieso gleichgültig was auf dem Papier landet. Er darf in allen Formen aus der Feder fließen.
Da mein Projekt hauptsächlich Jugenderinnerungen umfasst, habe ich auch meine Lieblingsmusik aus Teenager-Tagen gehört und dabei festgestellt, dass ich wohl fast alle Kuschelrock-CDs hatte – denn fast jedes Lied war mir vertraut. Gelegentlich flossen die Tränen, denn in diese Zeit fiel auch meine erste große Liebe.
Am Samstagabend wurde es mir dann mit der traurigen Musik zu viel. Fast kein Gute-Laune-Lied fand sich auf der Playlist meiner Jugend! Plötzlich drängte sich die Frage auf, ob es da wohl einen Zusammenhang geben könnte, denn ich war in meiner Jugend schon ziemlich melancholisch drauf. Nach etwas Recherche war klar: Es gibt sogar eine wissenschaftliche Studie, die feststellt, dass traurige Musik Jugendliche mit trauriger Grundstimmung noch trauriger macht!
Gespräche, Speedplotting & mehr
Neben dem Schreiben gab’s Raum, um sich zu vernetzen und auszutauschen. Es war spannend zu erfahren, was die anderen so schreiben. Tatsächlich gab es in der Gruppe keine Überschneidungen hinsichtlich des Genres. Alle hatten einen anderen Schwerpunkt.
Einen längeren Austausch hatte ich bezüglich Marketing für Autorinnen – weswegen ich meine Strategie für die sozialen Medien noch einmal überdenken werde.
Samstagabends gab es noch eine lustige Gruppen-Aktion, die Beatrice Sonntag für uns vorbereitet hatte: In 3er-Teams sollten wir eine Geschichte plotten. Dazu gab es verschiedene Optionen für Hauptfiguren und deren Schwächen, Ziele und Sehnsüchte. Die Wahl meiner Gruppe fiel auf:
- Eine steinalte Kobold-Dame,
- deren Schwäche Geiz ist,
- die einen Tanzwettbewerb gewinnen will
- und zum Ziel hat, sich selbst zu akzeptieren.
30 Minuten haben wir uns Antworten auf folgende Fragen überlegt:
- Was treibt unsere Hauptfigur, die wir Walburga getauft haben, an?
- Woher kommt ihr Geiz?
- Was ist der Auslöser, der sie aus ihrem Alltag reißt?
- Mit welchen Hindernissen konfrontieren wir sie?
- Welche Katastrophe erwartet sie?
- Und wie sieht unsere überraschende Wende, unser Happy End aus?
Sowohl Prozess als Ergebnis waren äußerst amüsant und nach kürzester Zeit hatten wir eine Romanidee, die uns alle zum Schmunzeln brachte.
Fazit
Am Ende des Schreibwochenendes freue ich mich über 22 handschriftliche Seiten und 1.314 Wörter, die ich auf meinem Freewrite geschrieben habe.
Ich bin immer noch inspiriert. Freue mich darüber, dass ich die anderen Autorinnen und Autoren näher kennenlernen durfte. Und bin schon gespannt auf unser nächstes Schreibwochenende 2025!
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