»Erkenne dich selbst«, so lautete einst die weise Inschrift über einem der Eingangsportale zum Apollon-Tempel von Delphi. Das Orakel, das sich in Delphi befand, befragten selbst Könige vor wichtigen Entscheidungen.
Noch immer ist Selbsterkenntnis eine wichtige Voraussetzung, um wirklich der Mensch werden zu können, der man eigentlich ist. Doch wie erkennen wir, wer wir wirklich sind? Wie kommen wir uns selbst auf die Spur?
In diesem Artikel stelle ich dir eine ungewöhnliche Herangehensweise fürs heilsame Schreiben vor: Nutze Tarot-Karten, um in Kombination mit Freewriting heilsame Perspektiven auf dein Leben zu gewinnen.
Tarot ist eine von vielen möglichen Treppen in deine Tiefe. — Luisa Francia
Heilsames Schreiben und wie es wirkt
Beim heilsamen Schreiben tauchst du schreibend in die verborgenen Schichten deines Inneren ein. Es ist eine Art Selbsttherapie auf Papier, die dir hilft, neue Perspektiven zu gewinnen und deine inneren Ressourcen zu entdecken. Durch das Festhalten von Gedanken und Erinnerungen entsteht autobiografisches Rohmaterial, das du jederzeit weiter bearbeiten kannst.
Schreiben aktiviert unser Gehirn anders als Sprechen – deshalb liefert das schreibende Denken oft andere Einsichten als das redende. Während Psychotherapie auch oft als The Talking Cure bezeichnet wird, könnte man sagen, dass das heilsame Schreiben eine Art Writing Cure ist.
Schreiben mit dem Ziel, sich selbst zu erkennen, Leiden zu artikulieren und Ressourcen aufzuspüren, gibt es seit Entstehen der europäischen Hochkultur. [...] jedes Schreiben über das eigene Leben in metaphorischer Weise [berührt] unsere tieferen Schichten, unser Unbewusstes. [...] Das heilende Schreiben eröffnet uns also neue Perspektiven bezüglich des eigenen Lebens. (aus: Die heilende Kraft des Schreibens*, S. 15/22-23)
Die Beschäftigung mit dem eigenen Leben – das Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten des Erlebten – unterstützt dich dabei, deine eigene Geschichte besser zu verstehen. Denn die Geschichten in dir speisen das Bild, das du von dir hast. Sie beeinflussen dein Identitätsgefühl und haben das Potenzial eine große Kraftquelle in deinem Leben zu sein. Wenn du jetzt denkst: Erinnerungen hat man und Leben auch – daran lässt sich nichts ändern, dann liegst du falsch. Wir erschaffen diese Geschichten aus unseren Erinnerungen selbst – indem wir das Erlebte bewusst oder unbewusst interpretieren und deuten. Ähnliches passiert beim heilsamen Schreiben: Du machst dir deine Gedanken und Erinnerungen verständlich, indem du sie zu Geschichten formst – und stärkst dadurch deine innere Kraftquelle.
Im Buch Die heilende Kraft des Schreibens* schlagen Lutz von Werder et al. unterschiedliche Arten vor, wie du das heilsame Schreiben gestalten kannst. Du kannst etwa deine Wurzeln betrachten und dich mit deiner Herkunft beschäftigen. Oder du setzt dich mit wichtigen Phasen deines Lebens auseinander. Im Anschluss verarbeitest du das autobiografische Material kreativ – wie du das machst, bleibt dir überlassen. Vielleicht schreibst du daraus eine Geschichte, ein Märchen oder ein Gedicht. Um an das autobiografische Erinnerungsmaterial zu gelangen, kannst du unterschiedlichste Methoden anwenden – etwa Clustern, Freewriting oder serielles Schreiben.
In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, wie du Freewriting, Tarot-Karten und die Reflexionspraxis des Erntens miteinander verknüpfen kannst, um mehr über dich zu erfahren. Dieser spielerische Schreibansatz ergänzt das heilsame Schreiben perfekt – und ist insbesondere für intuitive Menschen geeignet, die davon überzeugt sind, dass alles irgendwie zusammenhängt.
Die Welt ist ein einziger unaufhörlicher Querverweis. ― Cees Nooteboom (aus: Die folgende Geschichte*)
Mit Tarot-Karten »zufällig« neue Perspektiven gewinnen
Egal, welche Technik des heilsamen Schreibens du gewöhnlich verwendest, ob freie Assoziation, Clustern oder Freewriting – du schöpfst immer unmittelbar aus dir selbst. Die von Lutz von Werder et al.* (2011) aufgeführten Kreativitätstechniken ermöglichen dir zwar unerwartete Verknüpfungen – aber ihnen fehlt ein bedeutsames Element: der Zufall.
Wenn wir in das Universum hinausblicken und erkennen, wie viele Zufälle in Physik und Astronomie zu unserem Wohle zusammengearbeitet haben, dann scheint es fast, als habe das Universum gewusst, dass wir kommen. – Freeman Dyson
Tarot kann dir solche »bedeutsamen« Zufallsmomente eröffnen – wenn es dir gelingt, dich auf die Methode einzulassen.