Zoo City

Zoo City

Andrea Hahnfeld

Zoo City* ist ein spannender Urban Fantasy Roman von Lauren Beukes, der in Johannesburg (Südafrika) spielt. Hauptfigur ist Zinzi December, die in ihrem früheren Leben Journalistin und drogenabhängig war. Ihr früheres Leben ist auch der Grund, weshalb sie nun in einer heruntergekommenen Wohnung in Hillbrow lebt, einen Berg Schulden hat und ständig ein Faultier mit sich herumtragen muss. Doch Zinzi hat auch ein magisches Talent: Sie kann verlorene Dinge finden. Als sie sich im Auftrag einer alten Frau auf die Suche nach einem verlorenen Ring macht, beginnt eine Geschichte, die Zinzi immer tiefer in die Abgründe von Zoo City reißt: Die alte Frau wird in ihrer Wohnung brutal ermordet und Zinzis Fingerabdrücke am Tatort implizieren sie als Täterin.

Beukes entwirft eine ungewöhnliche Welt: Menschen, die einen Mord begangen haben, erhalten in dieser Welt ein Tier und ein magisches Talent. Das Tier taucht plötzlich nach der Tat auf und kann alles sein – vom Schakal bis zum Schmetterling. Die Tiere sind nach ihrem Auftauchen untrennbar mit dem Menschen verbunden. Sie schützen sie vor dem Sog, der einen unweigerlich holt, wenn das Tier stirbt. Das Tier ist jedoch auch ein Stigma und die “Zoos”, wie Menschen mit Tier genannt werden, sind ständiger Diskriminierung ausgesetzt.

Warum habe ich das Buch gelesen?

Zoo City* war ein Tipp aus dem Podcast Writing Excuses. Im Podcast spricht Lauren Beukes darüber, wie es ist über andere Kulturen als die eigene zu schreiben. Die Protagonistin Zinzi December ist nämlich schwarz, die Autorin aber weiß. Da in meinem Roman Jelina & Jaro schwarze Charaktere vorkommen, fand ich es als mögliches Vorbild passend.

Was habe ich gelernt?

Ich bin mir nicht so sicher, ob ich wirklich verstanden habe, wie man über das Andere schreibt. Vielleicht war das Bemerkenswerte, dass Beukes eigentlich nie die Hautfarbe ihrer Protagonistin thematisierte. Menschen sind Menschen, egal ob schwarz oder weiß.

Ausgezeichnete Beschreibungen

The apartment had been Art Deco in a former lifetime, but it had been subjected to one ill-conceived refurbishment too many. But then, so had Mrs Luditsky. Her skin had the transparent shine of glycerine soap, and her eyes bulged ever so slightly, possibly from the effort of trying to emote when every associated muscle had been pumped full of botulinum or lasered into submission. Her thinning orange hair was gelled into a hard pompadour, like the crust on cème brûlée.Lauren Beukes: Zoo City* (Chapter 1)

Lustige Vergleiche

At the sound of her voice, the Bird stops grooming and a long neck with a wattle like a deflated testicle twists over the woman’s shoulder. Lauren Beukes: Zoo City* (Chapter 1)

Einzigartige Hooks

That was before the world changed. It’s a fragile state – the world as we know it. All it takes is one Afghan warlord to show up with a Penguin in a bulletproof vest, and everything science and religion thought they knew goes right out the window.Lauren Beukes: Zoo City* (Chapter 3)

Verteilung von relevanter Information

Ich habe selten ein Buch gelesen, in dem die Hintergrundinformationen zu einer Geschichte so strategisch und wirkungsvoll über das gesamte Buch hinweg verteilt wurden. Die folgende Stelle war einer meiner Lieblingsstellen:

“It’s not like we don’t know what you’re capable of, Zinzi,” she says, finally. I lean back in my shitty grey plastic chair. I’ve heard this tune before and it’s nothing but cheap muzak. She’s reaching, which means she’s got absolutely nothing.
“That’s unconstitutional, Inspector.”
“Save it for the animal rights people.”
“That’s the SPCA.”
“What?”
“The animal rights people. Dogs, cart-horses, cats, lab rats, neutering programmes. I know you didn’t mean to say anything that could be constructed as racist, inspector. Something that could go on your permanent record.”
“All I’m saying is that you’ve murdered before.”
“The court said accessory to.”
Lauren Beukes: Zoo City* (Chapter 3)

Man erfährt erst im dritten Kapitel, dass man im Kopf einer Mörderin ist. Das fand ich extrem gut. Als Leserin war ich etwas geschockt, dass diese sympathische und mysteriöse Figur einen Menschen auf dem Gewissen hat.

Collage-Technik

Im Buch gibt es verschiedene Textformen, die die Geschichte abwechslungsreicher machen und das Erzählte aus unterschiedlichen Perspektiven vertiefen (z.B. Emails, Zeitungsberichte oder eine wissenschaftliche Abhandlung über den Sog). Beim Lesen fand ich das sofort hilfreich für mein eigenes Buchprojekt. Es hat mich an Uwe Timm erinnert, der in Morenga* dieses Verfahren ebenfalls einsetzt, um Komplexität und Vielschichtigkeit zu erhöhen. Collagen sind ein gutes Mittel, um den Leserinnen alle notwenigen Informationen zu vermitteln, ohne dass dies durch die handelnden Figuren selbst geschieht. Außerdem empfinde ich diese Art des Erzählens als auflockernd.

Die Vermischung von Wahrheit und Fiktion

Zinzi nutzt nicht nur ihre magischen Fähigkeiten, die mit dem Faultier kamen, um ihre Schulden abzubauen. Sie schreibt auch betrügerische Emails für einen Verbrecher, bei dem sie in der Kreide steht.

Zinzi lebt in einer düsteren Welt, in der Drogenkonsum, Gewalt, Verbrechen und Armut Alltag sind. Auf diese Weise verarbeitet Beukes auch aktuelle Probleme in ihrem Roman.

Was hat mich gestört?

Bis zum Ende bleibt unklar, wie Zinzis Bruder genau gestorben ist und was ihre Rolle bei seinem Mord war. Es scheint sogar, dass sie ihn nicht aktiv getötet hat, sondern sein Tod nur das Resultat einer Verkettung schrecklicher Ereignisse war. Ich hatte am Ende nicht verstanden, warum Zinzi bestraft wurde, da gemäß der inneren Logik der Roman-Welt das Tier nur bei Mord erscheint.

Lese-Empfehlung

Zoo City* gehört zu meinen Lieblingsbüchern 2020 und ich kann es dir guten Gewissens als coole Lektüre ans Herz legen. Lass mir doch einen Kommentar da, wenn du es gelesen hast. War für dich am Ende deutlich, unter welchen Umständen ein Mensch ein magisches Tier bekommt? Welche Stelle hat dir besonders gut gefallen?

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