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Wie du bei der VHS Inspiration für Geschichten findest

Wie du bei der VHS Inspiration für Geschichten findest

Andrea Hahnfeld

Die Volkshochschule in Leipzig bietet jedes Semester zahlreiche Schreibkurse an. Zugegeben, die Qualität der Schreib-Kurse an Volkshochschulen schwankt sehr. Ich habe schon einige besucht und war selten komplett begeistert. Aber: Ich habe immer etwas Neues gelernt, bin interessanten Menschen – und vor allem der Autorin in mir selbst begegnet.

In diesem Artikel berichte ich dir von einem Tagesworkshop, bei dem es mal überhaupt nichts zu meckern gab: Märchen schreiben. Den Workshop hat Autorin Tina Pruschmann zur Weihnachtszeit 2019 angeboten – und ich war hin und weg. Aus dem Workshop ist sogar mein zweites Buch entstanden: Das illustrierte Weihnachtsmärchen Der Baum und das Mädchen*. Im Artikel erzähle ich dir, was mich an dem Kurs so begeistert hat und wie er ablief – und am Ende wartet eine kleine Schreibübung auf dich, mit der du dein eigenes Märchen beginnen kannst.

Warum sich Märchen für einen Kurz-Workshop eignen

Wir alle sind mit Märchen aufgewachsen und tragen ihre Muster längst im Kopf. Deshalb muss man die Textsorte kaum erklären. Märchen sind meist kurz – oft reicht ein Nachmittag für einen ersten Entwurf. Perfekte Bedingungen also für eine produktive Schreibsession, die mit einem kleinen Erfolgserlebnis endet.

Weil die Texte so kompakt sind, können alle Teilnehmenden ihre Märchen vollständig vorlesen. Und es ist unglaublich spannend zu hören, wie unterschiedlich und kreativ andere diese Form umsetzen.

Wie läuft ein Schreibworkshop ab?

Der VHS-Workshop bestand aus mehreren Teilen:

  • Vorstellungsrunde
  • Lesen eines Märchens
  • Theorie
  • Schreibphase (ca. die Hälfte des Kurses)
  • Vorlese-Runde

Elemente eines Märchens

Gut fand ich, dass die Dozentin – trotz der Bekanntheit der Textsorte – ein Märchen der Gebrüder Grimm mitgebracht hatte, das kaum einer kannte. Gelesen haben wir Der arme Müllersbursch und das Kätzchen. Anhand des Märchens wurden die wichtigsten Märchen-Elemente wiederholt und zusammengefasst:

  • Ort und Zeit sind unbestimmt
  • Figuren sind Prototypen, tragen oft nur eine allgemeine Bezeichnung und haben häufig nur eine Eigenschaft
  • klare Trennung von Gut und Böse
  • Magie ist Teil der alltäglichen Welt
    • magische Elemente (Tiere können sprechen, Brunnen sind verwunschen)
    • Zahlenmagie (drei Wünsche, sieben Jahre usw.)
    • magischer Umgang mit Zeit (sieben Jahre wirken wie ein halbes Jahr)
  • feste sprachliche Wendungen, die sich im Text wiederholen
  • eine moralische Kernaussage, die vor allem bei Märchen der Gebrüder Grimm deutlich erkennbar ist
  • Aufbau eines Märchens als Heldenreise

Neu war für mich, dass das Märchenerzählen seit 2016 in Deutschland zum immateriellen Kulturerbe gehört. Das ist irgendwie cool und verleiht meines Erachtens auch dem Märchenschreiben eine besondere Bedeutung.

Außerdem habe ich durch eine Teilnehmerin von einem wunderbaren Buch erfahren: Die Silberne Brücke* (Hertha Vogel-Voll), in dem ein Märchen von Ort zu Ort wandert, um Kindern seine Geschichten vorzuspielen.

Von der Theorie zur Praxis: Märchen selbst schreiben

Nach dem theoretischen Teil ging’s in zwei Schreibblöcken von jeweils einer Stunde ans Selbstschreiben. Was ich allen Teilnehmenden von Schreibworkshops zu konkreten Themen empfehlen kann: Komme am besten schon ideenschwanger zum Kurs. Wenn du bereits eine grobe Vorstellung hast, was du schreiben möchtest, fällt dir das Schreiben sehr viel leichter.

Ich wusste bereits vorab, was ich machen wollte: Ein Mashup aus zwei meiner Lieblingsmärchen von Hans Christian Anderson.

Die erste Fassung des Märchens war daher auch am selben Nachmittag geschrieben. Während der Vorleserunde wurde deutlich, dass es keine schlechte Idee gewesen war, vorbereitet und mit dem Computer ans Werk zu gehen: Ich war die einzige, die ihre erste Version nach zwei Schreibblöcken komplett fertig hatte. Allerdings war ich auch die einzige, die versucht hatte ein eher kurzes Märchen zu schreiben. Ich hatte mir ein Ziel von rund 1.500 Wörtern gesetzt. Andere Teilnehmende hatten eine märchenhafte Kindergeschichte oder ein Kunstmärchen im Stil von Wilhelm Hauff begonnen. Die entstandenen Texte und Ideen waren so unterschiedlich wie die anwesenden Autorinnen und es machte einfach Spaß zu hören, was die anderen geschrieben hatten.

Feedback: Nicht immer angenehm, aber unverzichtbar

Wertvolles Feedback gab es zu meinem Entwurf auch. Einerseits erkannten die Zuhörerinnen die beiden Ursprungsmärchen. Das war für mich ein gutes Zeichen, denn mein Text war als Mashup gedacht. Andererseits kritisierten sie, dass der Tannenbaum mit dem kleinen Mädchen in Konkurrenz stehe. Daher sei am Ende der Geschichte nicht ganz klar, wer nun der eigentliche Protagonist des Märchens sei. Wichtig wäre es, das stärkste Bild – der Rabe verwandelt sich in den Tod und kommt, um das Mädchen zu holen – mit dem Protagonisten zu verknüpfen.

Dieses Feedback habe ich umgesetzt und im fünften Entwurf ein Märchen vollendet, das mein erstes illustriertes Kinderbuch werden wird: Der Baum und das Mädchen.

✍️
Schreibübung
Wähle zwei deiner Lieblingsmärchen und schreibe daraus ein neues Märchen. Setze dir dabei eine maximale Wortzahl: Dein Märchen sollte nicht länger sein als das längere deiner beiden Ausgangsmärchen. Ein Wortzahl-Limit hilft dir dabei, deinen Text zu verdichten und dich auf das Wesentliche zu beschränken.

Poste gerne einen Link zu deinem Märchen in den Kommentaren und lasse andere Leserinnen raten, welche Märchen die Inspiration für deinen Text waren.

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