Wer schreibt da?
Ich darf vorausschicken: Eigentlich lese ich keine Reiseberichte. Für mich ist das wie die Dia-Shows aus den späten 80ern, in denen ein Onkel mit Projektor den Rest der Familie zwang, stundenlang unscharfe Reisefotos zu schauen und dabei langweilige Geschichten erzählte.
Ich kann mich nicht erinnern, mehr als die gelegentlichen Artikel in Geo-Magazinen gelesen zu haben. Ich bin also überhaupt nicht die Zielgruppe von »Maisbier & Buttertee: Leben und Überleben in China«* von Tanja Trash.
Aber ich studierte mit der Autorin an der ASH Berlin und ihre Texte waren immer so humorig. Außerdem ist sie auch als Person eine coole Type, mit der sich stundenlang quatschen lässt. Also musste ich unbedingt ihr Buch lesen – Reisebericht hin oder her.
Worum geht's?
Tanja Trash, Sängerin der Band Gleichlaufschwankung erzählt, untermalt mit vielen Fotos des Hallensers Geralf P., von krassen Erlebnissen in überfüllten Bussen und Bahnen, von schrägen kulinarischen Erfahrungen in speckigen Garküchen, von Begegnungen mit Punks & Skins in Peking, von wilden Reitern und dem Panchen Lama in Tibet, von seltsamen Begegnungen mit Büffelhornfrauen und vieles mehr, erlebt auf einer zweijährigen Reise durch Asien. Das Buch beschreibt anschaulich mit viel Humor und Satire die Eigenarten der Chinesen, unverständlicher chinesischer Verkaufskultur und Begegnungen mit behördlicher Bürokratie. (Buchbeschreibung von »Maisbier und Buttertee: Leben und Überleben in China«* auf Amazon)
Wie fand ich das Buch?
Ganz anders als erwartet, geht es um lustige und eindrückliche Begegnungen mit Chinesinnen und Chinesen. Die zusätzliche Punk-Perspektive macht das Buch doppelt interessant. Mein Lieblingskapitel ist definitiv »Unterwegs mit Bus und Bahn«, bei dem ich mehrmal beim Mitlesen in laute Ekelrufe verfallen bin und lachen musste.
Und beim Lesen gab es für mich auch eine traurige Selbsterkenntnis: So gerne ich mich als Reisende sehen würde, den Herausforderungen Chinas wäre ich nicht gewachsen. Ich könnte nur mit Tross und eigenem Personal reisen oder einer riesigen Schutzblase um mich herum, die mich schön auf Abstand hält und dosiert das Zumutbare zu mir hereinlässt. Schon allein ein in der Nudelsuppe schwimmender, schwarzer Hühnerfuß wäre für mich der sofortige Tod durch Herzinfarkt gewesen. Selbst wenn ich keine Vegetarierin wäre, hätte ich die Hühnerklaue nicht mal abgeleckt.
Daher Chapeau an die Autorin, die sich mit ihrem Reisegefährten Geralf mutig den Hühnerfuß geteilt hat. Wie er dann aber schmeckte, darüber wird geschwiegen. Neugierige müssen selbst mit dem Bus in die chinesische Provinz reisen, um ihn zu probieren 😉 Über die Zuständen im Bus schweigt die Autorin allerdings nicht: Enge, Rauchschwaden, Lärm, Körperflüssigkeiten und Körpergerüche. Such fun!
Ich sah mich förmlich, wie ich alle Mitreisenden im Bus ansprechen (wahrscheinlich hysterisch anschreien) würde, doch die Zigaretten auszumachen, den Fernseher leise zu drehen und bitte, bitte, bitte NICHT auf mich zu spucken. Wahrscheinlich hätte man mich auf halber Strecke aus dem Bus geworfen. Und vielleicht enden gerade deshalb einige Europäerinnen als Nonnen und Mönche in Tibet: Sie durften (oder konnten) einfach nicht mehr mit dem Bus weiterfahren – und der Weg zurück war zu Fuß schlicht zu weit.
Ich kann nicht sagen, ob alle Reiseberichte sind wie »Maisbier und Buttertee: Leben und Überleben in China«*. Aber der Reisebericht von Tanja Trash ist lustig, anders, lesenswert – und spricht von einer tiefen Wertschätzung gegenüber den Erfahrungen und Begegnungen mit Land, Menschen und Kultur.
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